Die Wasserdynamik bringt Vielfalt in den Naturwald Kühkopf-Knoblochsaue - Foto: Frank-Philip Gröhl
Naturwald Kühkopf-Knoblochsaue
Artenreicher Auwald mit Wildnispotential am Altrheinbogen
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Lage des Naturwalds Kühkopf-Knoblochsaue - Karte: NABU Hessen
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Um einen Urwald zu bestaunen, muss man nich erst nach Südamerika oder Asien reisen. Auch in Hessen gibt es faszinierende Wildnis in Wäldern, die sich frei entwickeln dürfen, zu sehen (Altarm im Naturwald Kühkopf-Knoblochsaue) - Foto: Frank-Philip Gröhl
Im Zuge der Rheinbegradigung (1828/1829) machte man westlich der Halbinsel bei Stockstadt am Rhein im Kreis Groß-Gerau einen Durchstich. Dadurch wurde das Gebiet vollständig vom linksrheinischen Festland abgetrennt und die Halbinsel zur Flussinsel. Der frühere Hauptstrom des Rheins ist nun ein Altrheinbogen.
Schon 1952 wurde die Rheininsel als Naturschutzgebiet ausgewiesen und später erweitert. Nach großen Hochwasserereignissen Anfang der 1980er Jahre wurde die Pflege der Deichsysteme auf der Insel eingestellt, so dass sich dort wieder eine natürliche Hochwasserdynamik einstellen konnte. Seit 2005 werden auch die im Naturschutzgebiet enthaltenen Wälder nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt. Manche alten Wälder bestanden bereits vor der Rheinbegradigung. In diesem einzigartigen Auengebiet (2440 Hektar) finden sich 1115 Hektar Strom-Auenwälder, wie Stieleichen-Ulmen-Hartholzaue, Schwarzerlen-Eschen-Bachauenwald und Weiden-Weichholzaue. Mit dieser Fläche kann der Auwald eines der hessischen Wildnisgebiete darstellen.
Verjüngungsmaßnahmen sind weiterhin erlaubt. Auch gebietsfremde Arten (Neophyten) werden bekämpft. Der Wald ist nicht geschlossen, sondern durchsetzt von zahlreichen bunten Stromtalwiesen. Dennoch ist er für die Naturwald-Kulisse von sehr großem Wert. Die natürliche Dynamik verbunden mit hoher Strukturvielfalt sind Grundlage für einen außergewöhnlichen Artenreichtum. Im Gebiet kommen sehr viele besonders gefährdeten Arten (Rote Liste-Arten) vor. Das Gebiet ist europäisches Schutzgebiet (sowohl EU-Vogelschutzgebiet, als auch Fauna-Flora-Habitat-Gebiet). Ihm wurde durch die deutsche Sektion des Internationalen Rates für Vogelschutz 1983 das Prädikat „Europareservat“ verliehen. Insgesamt wurden 12 Fledermausarten nachgewiesen, darunter die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr. Der hohe Anteil an Altbäumen und Totholz begünstigt eine große Zahl an Käferarten. Heldbock und Eremit leben hier in ihren größten Populationen in ganz Hessen. Der Hirschkäfer ist in allen Waldteilen des FFH-Gebietes vereinzelt anzutreffen.
Das Naturschutzgebiet kann auf etwa 60 Kilometern Rad- und Wanderwegen erkundet werden. Ein guter Startpunkt ist das Umweltbildungszentrum im Nordflügel des Hofguts Gunterhausen. Dort erhalten Sie Kartenmaterial sowie vielfältige Informationen zum Schutzgebiet. Ein Rundgang über die Rheininsel Kühkopf führt größtenteils über die alten Sommerdeiche und ist etwa 17 km lang.
Wahrscheinlich denken Sie jetzt, dieser Beitrag handelt von Menschen, die zurückgezogen irgendwo in der Einöde leben. Nein, hier geht es um einen Käfer, der aufgrund seiner speziellen Lebensraumansprüche heute immer mehr in Not gerät. Mehr →