Eichen im Krofdorfer Wald (Kreis Gießen) -Foto: Mark Harthun
Krofdorfer Wald bei Gießen
Alter Wald mit Wildkatze und Fledermäusen
Die Hessenkarte der Naturwälder zeigt eine deutliche Lücke in Mittelhessen, dabei gibt es hier gute Bedingungen für die Ausweisung eines Naturwaldes: Den über 4.000 Hektar großen Krofdorfer Wald bei Gießen. Das Waldgebiet im Gleiberger Land mit seinen schönen Burgen am Gleiberg und am Vetzberg und dem weithin sichtbaren Dünsberg ist ein attraktiver Erholungsraum für Wanderungen.
Im Krofdorfer Wald bietet sich die Chance, auf 1.446 Hektar bodensaure Hainsimsen- und Perlgras-Buchenwälder des Mittelgebirges einer natürlichen Entwicklung zu überlassen. Die höchste Erhebung beträgt 351m. Auf 302 Hektar gibt es noch Altholzbestände die ein Alter von über 140 Jahren haben. Durch den Verzicht auf weiteren Holzeinschlag könnten viele alte Eichen noch für Jahrhunderte erhalten werden, die ansonsten bald gefällt würden.
Wenn Eichen sehr alt werden, beherbergen sie besonders viele seltene Tierarten und können so zu einem Schatz für die Artenvielfalt werden. Alte Wälder sind Heimat für viele seltene Arten wie Schwarz- und Grauspecht, Schwarzstorch und Bechsteinfledermaus. Dank der alten Bäume finden sich bereits erste Urwaldstrukturen.
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Einige Jahre lang „begrüßte“ eine knorrige abgestorbene Eiche die Besucher bereits am westlichen Eingang des Gebietes. Leider wurde sie inzwischen im Zuge der Waldpflege entfernt. - Foto: Mark harthun
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In einem Naturwald dürften solche Besonderheiten weitestgehend stehen bleiben. Mancherorts gibt es attraktive bizarre Baumgestalten - Foto: Mark Harthun
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Aus vor langer Zeit umgestürzten Bäumen hat sich natürlich gereiftes Totholz entwickelt – über und über besiedelt von verschiedenen Waldpilzen - Foto: Mark Harthun
Die vorkommenden Eichen sind übrigens das Hauptargument der Gegner einer natürlichen Waldentwicklung. Denn in einem Naturwald wird vermutlich wenig neue Eichen-Naturverjüngung aufwachsen. Dies sollte aber kein Grund sein, denn der Krofdorfer Forst ist so groß, dass es in anderen Waldbereichen genug Möglichkeiten zur Förderung junger Eichen gibt. Und die großen Eichen werden im Naturwald auf jeden Fall wesentlich älter, als im heutigen bewirtschafteten Wald, wo sie gefällt werden. So ist der gewinnbringende Verkauf der dicken Stämme das eigentliche Argument gegen die natürliche Waldentwicklung, nicht die Sorge um die Eichen.
37% des Gebietsvorschlags sind europäisches Schutzgebiet (FFH-Gebiet). Geschützt werden sollen hier Hainsimsen-Buchenwälder, die sich in einem Naturwald am besten entwickeln. Eichen-Lebensräume sind hingegen kein Erhaltungsziel des FFH-Gebiets.
Mit einer Größe von über 1000 Hektar würde der Naturwald sogar die Kriterien für ein Wildnis-Gebiet erfüllen. Dies gilt bisher nur für 4 andere Wälder in Hessen. Damit würde der Naturwald eine weitere spektakuläre touristische Attraktion für das Gleiberger Land darstellen. Möglicherweise könnte auch die Gemeinde Wettenberg Anteil an dieser Attraktion gewinnen, wenn sie mit Teilen des Gemeindewaldes zur Entwicklung eines großen Naturwaldes beiträgt.
Es dürfen ab sofort keine Bäume mehr gefällt werden!
Die alten Wälder sind bedroht: In großen Schirmschlägen werden die mittelalten Buchen geerntet. Die wenigen verbleibenden großen Bäume sind schutzlos Sonne, Trockenheit und Wind ausgesetzt. Sie haben keine lange Lebenserwartung mehr, das wurde im Hitzesommer 2019 sehr deutlich. Auf solchen Schirmschlagflächen bekamen sogar Buchen Schäden, die in geschlossenen Waldbeständen die stabilsten Wälder bildet.
Die alten Eichen werden im Alter von etwa 180-240 Jahren gefällt und verkauft. Ihren großen naturschutzfachlichen Wert erreichen die Eichen so gar nicht. Denn eine wissenschaftliche Untersuchung zeigte, dass vitale Eichen mittleren Alters Lebensräume für 35 Prozent weniger Holzkäferarten bieten, als alte anbrüchige Buchen. Erst wenn die Eiche uralt wird, wird sie für den Artenschutz so wertvoll. Dieses Alter erreicht sie aber meist nur in Naturwäldern.
Daher muss schnell gehandelt werden. Ein sofortiges Einschlagsmoratorium in dem vom NABU vorgeschlagenen Gebiet muss verhindern, dass eine weitere Entwertung des Gebietes stattfindet. Bis 2020 sollte das Land diesen Naturwald schützen und damit das politische Ziel einer natürlichen Waldentwicklung auf 5 Prozent der hessischen Waldfläche erfüllen.