Wie steht es eigentlich um unsere Schmetterlinge?
NABU Schmetterlingsexperte gibt Auskunft
Seit vielen Jahren beobachtest du die Schmetterlingswelt im Lahn-Dill-Kreis und beteiligst dich am Tagfalter-Monitoring. Was hat sich verändert?
Seit meiner Kindheit befasse ich mich mit Schmetterlingen und bin seit 2008 am Tagfalter-Monitoring des Helmholtz-Instituts beteiligt. Zwischen April und September erfasse ich die Tagschmetterlinge auf vier Probeflächen mit 10 bis 14 Begehungen pro Jahr. Der Rückgang der Schmetterlinge hat schon vor Jahrzehnten eingesetzt. Seit Ende der 1980er Jahre habe ich wieder verstärkt Untersuchungen an Schmetterlingen vorgenommen. Seit dieser Zeit nahmen vor allem Schmetterlinge des Grünlands ab.
Auf meinen Probeflächen sind in den Jahren zwischen 2008 und 2018 die Arten Dunkler Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling, Kleiner Würfel-Dickkopffalter und Mattscheckiger Braun-Dickkopffalter verschwunden. In der Individuenzahl hat der Hauhechel-Bläuling abgenommen. Neu hinzugekommen ist dafür der wärmeliebende Kurzschwänzige Bläuling, ein Klima-Gewinner.
Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Ursachen für diese Veränderungen?
Die intensive Landwirtschaft ist der Hauptgrund für den Rückgang der Schmetterlinge, vor allem der Grünlandarten. Der massive Stickstoffeintrag durch starke Düngung, wie z. B. der Einsatz von Gülle, sowie Monokulturen wie z.B. von Mais führen zum Verschwinden der artenreichen Wiesen.
Weitere Gründe für die Abnahme der Schmetterlingsbestände sind das Verschwinden der blütenreichen Säume sowie der Einsatz von Pestiziden. Insektengifte vernichten die Schmetterlinge direkt, während Herbizide starken Einfluss auf den Rückgang der Raupen- und Nektarpflanzen haben.
Auch der Klimawandel ist ein weiterer wesentlicher Grund dafür, dass einige Schmetterlingsarten verschwinden. Einige Falterarten, wie z. B. der Dukatenfalter und der Große Eisvogel, ziehen sich in kältere, höhere Lagen zurück.
Welche Entwicklungstrends erwartest du für die nächsten zehn Jahre bei den heimischen Arten?
Wärmeliebende Arten werden einwandern oder im Bestand zunehmen. Das deutet sich schon an mit Nachweisen vom Kurzschwänzigen Bläuling, Karstweißling und Zweibrütigem Würfel-Dickkopffalter im Lahn-Dill-Kreis. Die Klimaverlierer werden sich weiter in höhere Lagen zurückziehen. Wenn es gelingt, auf eine umweltverträglichere Landwirtschaft umzustellen, könnte der Rückgang von vielen Schmetterlingsarten vielleicht gestoppt werden.
Wie kann man Schmetterlingen im eigenen Garten helfen?
Nur mit den richtigen Blumen aus der Familie der Nektar- und Futterpflanzen können wir Schmetterlinge in unseren Garten locken. Am besten geeignet dafür ist eine Wildblumenwiese. Durch ihren Duft und ihre Farben lockt sie Schmetterlinge an. Aber auch der Sommerflieder sollte nicht fehlen. Eine wilde Ecke mit Großer Brennnessel und Ampferarten sollte vorhanden sein, ebenso ein Kräuterbeet mit z.B. Petersilie, Fenchel und Oregano.
Wichtig ist, dass nicht zu häufig und alle Flächen auf einmal gemäht werden. Im Herbst sollte ein kleiner Anteil an Laub unter den Hecken, Sträuchern und Bäumen verbleiben. Auch etwas Fallobst sollte liegen bleiben – z.B. für den Admiral. Schädlingsbekämpfungsmittel sind zu vermeiden. Werden alle diese Maßnahmen befolgt, steht einem schmetterlingsreichen Garten nichts mehr entgegen.
Was ist dein Lieblingsschmetterling?
Das ist eindeutig der Große Eisvogel. Dieser sehr seltene Schmetterling kam in meiner Heimatstadt Solms in einem kleinen Bestand vor. Zwischen Mai und Anfang Juli traf ich ihn bei meinen Exkursionen öfters um die Mittagszeit auf einem Waldweg an. Zitterpappeln, auf denen die Eiablage stattfindet, gehörten auch zu diesem Lebensraum. Inzwischen kommt er dort nicht mehr vor. In höheren Lagen in Taunus und Westerwald ist er noch selten anzutreffen.
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