Goldener Sänger darf nicht verschwinden!
Hessenweite Bestandserfassung der Goldammer
Der einprägsame Gesang des Goldammermännchens, den der Volksmund mit „Wie, wie hab ich dich lieb“ wiedergibt, macht den Gesang des Feldvogels unverwechselbar. Die farbenfrohe Goldammer besiedelt offene und halboffene, abwechslungsreiche Landschaften mit Büschen, Hecken und Gehölzen. Hecken-, Feld- und Ufergehölze mit Säumen, ältere Stadien von Buntbrachen sowie leicht verbuschte Weiden und Waldschläge stellen somit einen geeigneten Lebensraum dar. Obwohl die Goldammer wie andere Ammern zur Brutzeit die Nähe menschlicher Siedlungen meidet, ist sie nicht generell menschenscheu. In ländlicher Wohnlage mit Wiesen und Feldern am Ortsrand kann man Goldammern daher am ehesten begegnen.
Starker Bestandsrückgang
Doch seit Jahren sind die Bestandszahlen in allen Landesteilen rückläufig, so dass es nicht überraschend ist, dass die Goldammer mittlerweile in der Vorwarnliste der “Roten Liste der Vögel Hessens” zu finden ist. Als typischer "Feldvogel" ist die Goldammer unmittelbar von den Bewirtschaftungsformen in der Kulturlandschaft abhängig. Negative Beeinträchtigungen und Verluste an Brutmöglichkeiten gehen daher vor allem mit folgenden Faktoren einher: Intensiv bewirtschaftete Äcker, die weder Wildkräutern noch Insekten eine Chance lassen führen zu Nahrungsmangel. Fehlende Kleinstrukturen in der Feldflur wie Gebüsche, Hecken und Gräben lassen Nistplätze und die ebenso benötigten Singwarten zur Mangelware werden. Waldränder, die ohne einen Gebüschsaum unmittelbar an Ackerflächen angrenzen, bieten Goldammern ebenfalls keine Brutmöglichkeiten mehr.
In diesen Lebensräume im Vogelsberg singt die Goldammer noch gerne. - Fotos: Maik Sommerhage
Sinnvolle Hilfsmaßnahmen
Die Goldammer lebt in einer Landschaft, die auch wir Menschen genießen. Wenn wir also eine reich strukturierte, schöne Kulturlandschaft erhalten, dann fördern wir auch diesen Vogel. Der Goldammer kann geholfen werden durch das Anlegen von Hecken und Bäumen, eine angemessene Größe der Felder und die Schaffung von Brachflächen. Weitere Maßnahmen sind der Erhalt der Stilllegungsverpflichtung, die Einschränkung des Pestizid- und Düngereinsatzes zumindest an Ackerrändern und der Erhalt von Stoppelbrachen im Winter. Auch die Förderung von Acker- und Gewässerrandstreifen sowie Ruderalflächen durch Förderprogramme und eine späte Mahd von Wiesenflächen nicht vor Mitte Juli unterstützen den goldenen Sänger. Ein Vogel, der auch heute trotz aller Bestandsrückgänge noch so häufig ist wie die Goldammer, zeigt den naturschutzfachlichen Wert ganzer Landschaften an. Er kann daher nur mit Maßnahmen gefördert werden, die flächendeckend wirken. Der ökologische Landbau erfüllt einige dieser Ansprüche im Rahmen seiner Wirtschaftsweise.
Landesweite Kartierung
Bereits Anfang 2018 rief der NABU Hessen zu einer landesweiten Goldammer-Erfassung auf. Hintergrund dazu war, dass punktuell durchgeführte Kartierungen in den letzten Jahren Bestandsrückgänge gezeigt hatten, so dass die Art mittlerweile auf der „Roten Liste“ in Hessen auf der Vorwarnliste steht. Alle ornithologisch versierten Naturfreunde waren aufgerufen, sich daran zu beteiligen.
Im Jahr 2018 meldeten sich aus allen Landesteilen insgesamt 96 NABU-Aktive mit Daten zurück. Gemeinsam mit den Ergebnissen aus den Goldammererfassungen 2019 sollen diese Daten im Anschluss wissenschaftlich ausgewertet werden. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollen nicht nur dem Schutz der Goldammer dienen. Sie sind auch wertvoll vor dem Hintergrund der Bemühungen um einen nachhaltigen Kurswechsel in der EU-Agrarpolitik.
Was zeigen die Daten bisher?
Die Goldammer-Meldungen aus 2018 zeigen einen besorgniserregenden Bestandsrückgang. Im Vergleich zur Zählung von 1,3 Revieren auf 10 Hektar in 1999, lag die durchschnittliche Siedlungsdichte in 2018 bei nur noch 0,57 Revieren.
Gründe für diese besorgniserregende Entwicklung dürften wohl insbesondere in der Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung in all ihren Aspekten liegen, da Grenzstrukturen mit Hecken immer häufiger fehlen, Blütenpflanzen vielerorts rar sind und Insekten als wichtige Nahrungsgrundlage während der Brutperiode deutlich in ihren Beständen geschrumpft sind – allesamt Aspekte, die für die Goldammer und zahlreiche weitere Arten ausschlaggebend für ein Überleben sind.
Es bleibt festzuhalten, dass die bis dato für die Tier- und Pflanzenarten des Offenlandes ergriffenen Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen in aller Regel in Form von Agrarumweltmaßnahmen nicht ausreichend sind, um eine Wende zum Positiven herbeizuführen. Dies betrifft insbesondere den Umfang der bis dato in Anspruch genommenen Maßnahmen, z. B. die Einrichtung von Brach- und Blühflächen. Um die Attraktivität von Agarumweltmaßnahmen für die Landwirte attraktiver zu gestalten, ist in allererster Linie eine bessere Honorierung dieser Maßnahmen erforderlich.
In der Zeitschrift "Vogel und Umwelt" des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist 2018 ein Artikel zu Goldammeruntersuchungen im Landkreis Waldeck-Frankenberg (Nordhessen) von Maik Sommerhage (NABU Hessen) erschienen.
Mehr zur Goldammer
Mit 16,5 cm ist die Goldammer etwas größer als ein Sperling, hat aber einen längeren Schwanz. Die Färbung ist variabel, wobei das Männchen überwiegend ein leuchtend gelbes Gefieder mit vielen braunen Streifen und Säumen trägt und das Weibchen insgesamt unscheinbarer erscheint. Mehr →
Der einprägsame Gesang des Goldammermännchens, den der Volksmund mit „Wie, wie hab ich dich lieb“ wiedergibt, lässt sich früher im Jahr als bei den meisten anderen Vögeln hören. Doch bis Februar ist sie im Winter auch still. Am Rande von Feldern kann man sie beobachten.
Mehr →
Verkehrte Welt: Während manche einst fast ausgestorbene Arten wie Kranich und Seeadler dank jahrzehntelangem Intensivschutz längst von der Roten Liste entlassen wurden, nehmen häufige Arten der „Normallandschaft“ wie Schwalben, Pieper, Schnäpper und Stare deutlich ab. Mehr →