Auf leisen Pfoten durch Hessen
Der scheue Luchs kehrt in unsere Wälder zurück
Ein schöner Erfolg des Naturschutzes: Nachdem es in Hessen 150 Jahre lang keine Luchse gab, tauchten Mitte der 80er Jahre erste Tiere wieder in Nordhessen auf. Sie stammen größtenteils wahrscheinlich aus dem Harz, wo mehrere Tiere ausgesiedelt worden waren. 2010 wurden im Schwalm-Eder-Kreis erstmals Jungtiere in Hessen nachgewiesen. Im Jahr 2013 gelang der erste Nachweis für Luchs-Nachwuchs im Werra-Meißner-Kreis. Vermutlich leben inzwischen etwa zehn Luchse in Hessen. Eine Schätzung ist schwierig, weil die Streifgebiete der Tiere riesig sind. Sie können bis zu 400 Quadratkilometer groß sein. So wird manchmal das gleiche Tier mehrfach beobachtet und doppelt gezählt.
Leben in den Wäldern
Bis zu seiner Ausrottung in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts war der Luchs einer gnadenlosen Verfolgung ausgesetzt. 1833 wurde der letzte hessische Luchs erlegt. Ihm wurde dabei nicht primär wegen seines schönen Fells nachgestellt, sondern weil er als direkter Jagdkonkurrent und als Bedrohung für das Kleinvieh galt.
Heute hat sich unsere Einstellung zum "Pinselohr" glücklicherweise gewandelt. Als Teil der biologischen Vielfalt gehört er in die hessischen Wälder genauso wie Reh, Dachs und Fuchs. Die größte Gefahr für den Luchs geht heute vom Straßentod aus. Damit er geeignete Lebensräume findet, sollten die letzten großen Waldgebiete Hessens nicht weiter mit Straßen zerschnitten werden. Zu diesen großen Waldungen gehören die Regionen Reinhardswald, Kaufunger Wald, Nationalpark Kellerwald-Edersee, Burgwald, Eisenberg-Wölfersberg bei Grebenau im Vogelsberg, Büdinger Wald, Staatsforst Beerfelden im Odenwald und Hinterlandswald im Taunus. Der NABU Hessen setzt sich für den Schutz dieser Waldgebiete ein.
Zum Reinhören: Luchsschrei in freier Wildbahn
Bereicherung der heimischen Tierwelt
Im Gegensatz zur Einschätzung einiger Jäger wird sich der Bestand von Reh und Hirsch durch den Luchs kaum verringern. Ein Luchs, der in der Regel ein sehr großes Revier von etwa 100 Quadratkilometern und mehr hat, erbeutet ungefähr 60 Rehe pro Jahr. Im Gegensatz dazu kommen in Hessen jährlich etwa 16.000 Rehe allein durch den Straßenverkehr zu Tode.
Die Wiederbesiedlung unserer Wälder durch Beutegreifer wie den Luchs stellt eine willkommene Bereicherung unserer heimischen Tierwelt dar und hilft bei der Gesunderhaltung der Wildbestände. International betrachtet setzen wir mit dem konsequenten Schutz großer Beutegreifer bei uns zudem ein wichtiges Zeichen, denn: Wie können wir von anderen Nationen den Schutz von Tigern und Löwen verlangen, wenn wir es in Mitteleuropa nicht schaffen, uns mit Luchs und Wolf zu arrangieren?
Luchs-Beobachtungen melden
Um mehr Informationen über die Verbreitung des scheuen Zehengängers zu erfahren, sammeln der NABU Hessen und der Arbeitskreis Hessenluchs Luchsbeobachtungen in ganz Hessen. Solche Hinweise können zum Beispiel Lautäußerungen, Fährten oder ein offensichtlich gerissenes Reh sein. Wer beim Spaziergang einen frischen Rehriss findet, sollte das Tier unberührt am Fundort liegen lassen, das nächste Forstamt informieren und einen Luchsbeauftragten kontaktieren.
Trifft man auf eine Fährte, die vom Luchs stammen könnte, empfiehlt es sich, sie über eine kleine Strecke zu verfolgen und das typische Spurenbild sowie Aufnahmen einzelner Pfotenabdrücke mit Größenangaben im Bild festzuhalten. Da Luchse auf ihren Streifzügen gerne auch Forst- und Waldwege nutzen, kann man ihre Spuren dort relativ leicht entdecken – vor allem im winterlichen Schnee. Wenn man einem Luchs begegnet, sollte man sich mit ruhigem Schritt zurückziehen, um ihn nicht zu stören. Für den Menschen sind Luchse allerdings nicht gefährlich. Hunde sollten im Wald an der Leine geführt werden, da Luchse bei der Verteidung von Jungen oder einem Beutetier Hunde bedrohen und angreifen könnten. Melden Sie Ihre Luchsbeobachtungen an den NABU Hessen.