Jetzt TTIP und CETA stoppen!
NABU Hessen ruft auf zur Demonstration am 17. September in Frankfurt am Main
In sieben deutschen Großstädten werden am 17. September vorraussichtlich mehr als 100.000 Menschen gegen die zwischen der EU, Kanada und den USA geplanten Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) und CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) demonstrieren. Der NABU Hessen ruft daher zur geplanten Demonstration in Frankfurt am Main auf. Die Demonstration wird um 12.00 Uhr mit einer Auftakt-Kundgebung am Opernplatz starten. Anschließend wird der Demonstrationszug durch die Frankfurter Innenstadt, über den Main nach Sachsenhausen und schließlich wieder zurück zum Opernplatz laufen, dort wird die Demonstration mit einer Schlusskundgebung enden.
Anreise und Verbindungen vor Ort
Für die Anreise empfehlen wir die öffentlichen Verkehrsmittel oder die Demo-Mitfahrerbörse zu nutzen, da es rund um den Opernplatz und auch in der Frankfurter Innenstadt nur sehr begrenzte Parkmöglichkeiten für PKW gibt. Sollten Sie mit der Bahn von ausserhalb anreisen, empfehlen wir die Verbindungen des TTIP-Organiastionsbüros. Für Demomaterial in Form von NABU-Flaggen, Westen und Transparenten ist vor Ort gesorgt. Wir freuen uns trotzdem über jedes selbstgebastelte Schild oder Transparent, welches unseren Protest auf eine bunte und kreative Art bereichert.
Bei Fragen, zur Demo oder zu TTIP/CETA im Allgemeinen können Sie sich gerne an den zuständigen Projektleiter Alec de Zilva in der NABU-Landesgeschäftsstelle wenden: Tel. 06441-67904-31, Mobil: 0170-8347614, E-Mail: Alec.deZilva@NABU-Hessen.de.
Unternehmensschutzklagen, Umweltschutz kann teuer werden
Einer der sicherlich wichtigsten Kritikpunkte an TTIP und CETA sind die sogenannten "Unternehmensschutzklagen". Die Unternehmens-Schutzklausel, welche sowohl in TTIP als auch CETA vorhanden ist, soll Unternehmen, die im Ausland investieren, vor staatlicher Willkür schützen. Allerdings lassen sich auch Umweltschutzgesetze als staatliche Willkür auslegen, sollten diese den zu erwartenden Gewinn eines Unternehmens mindern, das vor Verabschiedung des betreffenden Gesetzes im Staat investiert hat.
So ist es Unternehmen möglich, über nicht staatliche Schiedsgerichte Staaten auf Beträge in Milliardenhöhe zu verklagen, sollten diese beispielsweise eine Region, in welcher ein Konzern investiert hat, als Naturschutzgebiet ausweisen. Der NABU befürchtet daher, dass allein die Möglichkeit, von einem großen Konzern vor einem Schiedsgericht verklagt zu werden, viele Regierungen davon abhalten wird, Umweltschutzmaßnahmen zu verstärken bzw. konsequent durchzuführen. Zudem sind die meisten Schiedsgerichts-Prozesse und auch die daraus resultierenden Urteile nicht transparent einsehbar, da hierfür beide am Schiedsspruch beteiligten Parteien ihre Einverständniss geben müssten. Auch die Zusammensetzung der Gremien und Richter, welche letztendlich über Milionenbeträge entscheiden, ist oftmals nicht transparent. Diese Intransparenz macht es insbesondere NGO's sowie anderen Umwelt- und Verbraucherschutz-Organisationen, aber auch Politikern oft unmöglich, die getroffenen Urteile einzusehen, darüber zu informieren oder diese gegebenenfalls anzufechten.
Harmonisierung von Standards, eine Gefahr für die Umwelt
Der auf den ersten Blick sehr harmonisch klingende Begriff der "Harmonisierung der Standards" bedeutet letztendlich jedoch, dass ein Unternehmen welches im durch TTIP entstehenden Wirtschaftsraum angesiedelt ist, an die Umwelt- und Verbraucherschutz-Standards des Landes gebunden ist, in dem es seinen Hauptsitz unterhält. Demnach wäre es für Unternehmen möglich, sich das Land mit den für die billigste Produktionsweise am besten geeigneten Standards auszusuchen und den Unternehmenshauptsitz auf dem Papier in dieses zu verlegen. Es ist dem Unternehmen allerdings immer noch möglich, seine Produkte auch in Länder mit anderen möglicherweise höheren Standarts im Umwelt- und Verbraucherschutz anzubieten. Auf diese Weise würden die meisten nationalen Umwelt- und Verbraucherschutz-Standards über Nacht ausgehebelt werden. Ein für internationale Konzerne bindender Standard wäre nur noch möglich, wenn alle 28 EU-Mitgliedsstaaten, Kanada und die USA gleiche Standards vereinbaren würden. Sollte es zu dem unwahrscheinlichen Fall kommen, dass ein solcher Konsens zustande käme, wird dieser höchstwahrscheinlich unter den aktuellen Standards der EU liegen. Auf diese Weise werden die Möglichkeiten der nationalen Parlamente und so letztendlich die Möglichkeit der Bürger, in einer Demokratie in Form von Wahlen für höhere Richtlinien im Umwelt und Verbraucherschutz zu Stimmen, stark eingeschränkt.
Nach dieser Regelung wäre es z.B. großen US-Agrarunternehmen möglich, auch in Deutschland Produkte aus genmanipulierten Pflanzen anzubieten, ohne dass die EU-Kennzeichnungspflicht für diese Gültigkeit besitzen würde. Sollten einzelne Staaten dennoch versuchen, den heimischen Markt vor Produkten – seien sie nun aus dem technischen oder dem Lebensmittelbereich – zu schützen, welche nicht den nationalen Richtlinien entsprechen, wäre es für Konzerne möglich, diese Staaten vor einem Schiedsgericht zu verklagen. In diesem Fall wäre es dem Unternehmen möglich die Standards des betreffenden Staates als Handelshemmnis oder als Benachteiligung ausländischer Firmen darzustellen. So wurde beispielsweise die EU 1996 von Kanada und den USA vor einem Schiedsgericht der WTO (Welthandelsorganisation) verklagt, da diese ihre Märkte für Rindfleisch, welches in der EU verbotene künstliche Wachstumshormone enthielt, sperrte. Letztendlich entschied das Schiedsgericht, das die von der EU vorgebrachten Belege, welche ein möglichen Gesundheitsrisikos für EU-Bürger durch die im Fleisch enthaltenen Hormone skizierte, nicht beweiskräftig genug sei. So stand die EU vor der Wahl, jährlich 202 Millionen US-Doller Schadensersatz an die USA und 75 Milionen kanadische Doller an Kanada zu zahlen oder die Einfuhrbeschränkungen für Hormonfleisch aufzuheben. Letztendlich einigte man sich darauf, dass USA und Kanada Strafzölle im Wert der jährlichen Entschädigungszahlungen auf Exportprodukte aus der EU erheben durften. Sollte nun jedoch TTIP unterzeichnet werden, so ist mit einer wahren Flutwelle solcher Klagen zu rechnen. Der NABU hält es daher für sehr wahrscheinlich, das einzelne Staaten früher oder später ihre nationalen Umweltstandards selbst aushebeln werden, um Entschädigungszahlungen in Miliardenhöhe aus dem Weg zu gehen.
Wirtschaftsinteressen vor Umweltschutz und Demokratie
Seit Juni 2013 wird TTIP unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Auch CETA wurde zu Beginn hinter verschlossenen Türen ausgehandelt, bis öffentlicher Druck und die Veröffentlichung einzelner Verhandlungsdokumente die Beteiligten zu einer Offenlegung der Vertragstexte zwang. Selbst demokratisch gewählten Entscheidungsträgern wie den Abgeordneten im EU-Parlament war es lange nicht möglich, die Vertragspapiere einzusehen. Auch nachdem im EU-Parlament und in den nationalen Parlamenten sogenannte TTIP-Leseräume eingerichtet wurden, unterlagen die Abgeordneten, was TTIP betraf, einer vertraglich festgehaltenen Schweigepflicht.
Da die einzelnen Verhandlungsrunden zu TTIP und CETA unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden, ist es auch nicht möglich, Genaueres über die Zusammensetzung der Personen und Lobbygruppen zu erfahren, die daran teilnahmen. Zwar wurden vor jeder Verhandlungsrunde die Namen der jehweiligen Verhandlungsführer und einiger führender Mitglieder ihrer Delegationen bekannt gegeben, allerdings ist nicht einsehbar, wie viele Personen an den Verhandlungen konkret teilnahmen. Aus diesen Gründen befürchtet der NABU, dass große Konzerne und Lobbygruppen starken Einfluss auf die Verhandlungen haben. So ist es für NGOs und demokratisch gewählte Abgeordnete nur möglich, mit den wenigen Informationen zu TTIP zu arbeiten, welche die dafür Zuständigen öffentlich zur Verfügung stellen. In der Regel ist es nicht möglich, die Echtheit dieser Angaben, welche meistens nur mündlich per Vortrag im EU-Parlament erfolgen, über einen Dritten zu prüfen, da die betreffenden Dokumente strenger Geheimhaltung unterliegen. Auf der anderen Seite haben Konzerne und Lobbygruppen vermutlich einen sehr guten Zugang zu den Verhandlungen. Das Umweltiunstitut München geht davon aus das ca. 600 Vertreter/innen aus ausgewählten US-Konzernen zugang zur USA-Seite der Verhandlungen haben. Auch die europäische Verhandlungsdelegation unter Leitung von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström trifft sich regelmäßig mit Wirtschaftsvertretern. Der NABU spricht sich klar gegen diese Form der intransparenten Verhandlungen aus, in welchen Vertreter der Wirtschaft besser über die Inhalte und den Stand der Verhandlungen informiert sind als die demokratisch gewählten Entscheidungsträger.