Wälder in Schutzgebieten
Guter Waldschutz ist immer auch Definitionssache…
Naturschutzgebiete machen in Hessen nur 1,7 Prozent (38.500 ha Hektar) der Landesfläche aus. Darin sind 10.929 Hektar landeseigener Wald enthalten. In Naturschutzgebieten und Europäischen Schutzgebieten muss das Ziel des Schutzes von Arten und Lebensräumen klaren Vorrang haben. Und es muss die Devise gelten: Jede Maßnahme muss einer Verbesserung des Zustandes dienen. Eigentlich sollte es da eine Selbstverständlichkeit sein, dass Wälder in Naturschutzgebieten nicht forstwirtschaftlich genutzt werden. Leider ist dies nur auf 3.100 Hektar der Fall.
Wald in Europäischen Schutzgebieten: Fauna-Flora-Habitat-Gebiete
In Hessen gibt es 583 sogenannte Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete). Sie machen zusammen 10,1 Prozent der hessischen Landesfläche aus. Dreiviertel dieser FFH-Gebiete liegen im Wald.
Der Zustand der Waldlebensräume wird in europäischen Schutzgebieten nach einem Schema A/B/C bewertet. Bisher soll nur der Zustand B erreicht werden. Dabei wurde das Bewertungsschema so gestrickt, dass fast jeder Bestand automatisch als „günstiger Zustand (B)“ eingestuft wird, selbst eine 5jährige Buchenverjüngung ohne Totholz. Denn es gibt einen Joker: Wenn der Flächenanteil von Baumarten, die nicht in den Lebensraumtyp gehören, geringer als 10 Prozent ist (was bei Naturverjüngung die Regel ist), rutscht der Wald automatisch in den günstigen Erhaltungszustand). Entsprechend strukturarme Wälder sind jedoch definitiv nicht in der Lage, die lebensraumtypischen Arten zu beinhalten.
Diese Aufnahmen stammen aus Wäldern in hessischen FFH-Gebieten und zeigen, wie unterschiedlich Wälder in Naturschutzgebieten aussehen können:
Ist der Zustand schon „sehr gut (A)“, dürfen in dem Gebiet sogar Maßnahmen ergriffen werden, die den Zustand verschlechtern. Dies widerspricht klar dem Verschlechterungsverbot der FFH-Richtlinie. Das hessische Umweltministerium strebt im Staatswald in FFH-Gebieten lediglich einen Laubwaldanteil von langfristig 70 Prozent an. Wenn „nur“ Tier- und Pflanzenarten geschützt werden sollen, sollen sogar 50 Prozent reichen. Bis zu 50% nicht standortheimische Baumarten dürfen dort eingebracht werden. Für den Kommunal- und Privatwald gibt es gar keine Vorgaben.
2016 klagte der NABU gegen das Land, weil es in dem Europäischen Schutzgebiet „Laubacher Wald“ die übliche Forstwirtschaft („gute fachliche Praxis“) fortgesetzt hat, ohne Rücksicht auf vorkommende seltene Arten zu nehmen. Vor dem Gießener Verwaltungsgericht kam es zur Verhandlung nach dem Umweltschadensgesetz, weil der Bestand des seltenen Grüne Besenmooses nach mehreren Holzeinschlägen um 77% zurückgegangen war. Das Gericht bestätigte den „erheblichen“ Umweltschaden. Für die Kammer bestehe „kein Zweifel daran, dass die forstwirtschaftliche Nutzung des Waldes nicht dienlich ist, um den Fortbestand des Grünen Besenmooses zu gewährleisten, sondern vielmehr zu einer Gefährdung bzw. Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Moosart führt“. Das Gericht betonte, dass es „kein im Regelfall gegebenes Privileg für eine frühere land- oder forstwirtschaftliche Bewirtschaftungsweise“ gebe.
Mehr zur NABU Klage Laubacher Forst.
Wald in Europäischen Schutzgebieten: EU-Vogelschutzgebieten
In Hessen gibt es 60 Vogelschutzgebiete, die 14,7 Prozent der Landesfläche ausmachen. Mehr als die Hälfte (60%) der Gebiete liegen im Wald.
Die Wälder in den EU-Vogelschutzgebieten sollen den Schutz bestimmter ausgewählter Vogelarten gewährleisten oder ihren guten Erhaltungszustand wiederherstellen. Deren Lebensraumansprüche verlangen unterschiedliche Waldbilder, manchmal jung, offen, geschlossen, alt, Laubbäume oder Nadelbäume. Daher müssen für diese Arten detaillierte, gebietsspezifische, quantitative und messbare Erhaltungsziele formuliert werden, die den Ansprüchen gerecht werden. Allgemein muss aber gelten, dass in EU-Vogelschutzgebieten zur Brutzeit keine Bewirtschaftung stattfinden darf. Im Umfeld der Nester von Schwarzstörchen oder Greifvögeln muss auch im Winter auf Einschlag verzichtet werden, um die Tiere nicht durch Lebensraumveränderung zum Abwandern zu zwingen.
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