Zehn Punkte für Natur und Umwelt
NABU-Forderungen zur Kommunalwahl in Hessen
Bei den hessischen Kommunalwahlen am 6. März steht auch der Schutz von Natur um Umwelt zur Wahl. Bei der Abstimmung kann jeder Wähler darüber mitentscheiden, welche Weichen für die Zukunft in Kommune und Landkreis gestellt werden. Das Mehr oder Weniger an Naturschutz hängt dabei vor Ort oft stärker von den Kandidaten ab als von den Parteien. Durch die Wahl bestimmter Personen, die sich besonders für den Natur- und Umweltschutz engagieren, kann man mit seiner Stimme einiges erreichen. Zur besseren Orientierung an der Wahlurne hat der NABU zehn Punkte für mehr Naturschutz in Dorf und Stadt zusammengestellt. Wählen gehen lohnt sich also.
1. Artenschutz vor Ort
Der Artenschutz kann von Kommunen auf verschiedene Weise gefördert werden. So sollte die Pflege von öffentlichen Grünflächen nach ökologischen Standards erfolgen. Hierzu gehören das Pflanzen von heimischen Blumen auf Rabatten, der Verzicht auf Gifteinsatz, das Wachsenlassen von Blühwiesen, das Liegenlassen von Laub auf Beeten und das Einrichten von "wilden Ecken". Für die Pflege städtischer Grünflächen sollten Bürgerpatenschaften angeboten werden. Bei Bau und Sanierung von öffentlichen Gebäuden ist auf den Artenschutz zu achten. Hierbei spielen Nisthilfen für Vögel und der Fledermaussschutz eine besondere Rolle.
2. Gehölze im Siedlungsraum
Der Erhalt alter Baumstrukturen ist für den Schutz der biologischen Vielfalt von großer Bedeutung. Deshalb muss die Gehölzpflege auf kommunalen Flächen nach naturschutzfachlichen Grundsätzen erfolgen. Es gilt, den öffentlichen Baumbestand sowie Hecken und andere Geölze in ihren Qualitäten zu erhalten und weiter zu entwickeln. Dazu sollte es in jeder Siedlung Pflegepläne geben, die dem Schutz der biologischen Vielfalt verpflichtet sind. Hierbei ist auch darauf zu achten, die klimatische Leistungsfähigkeit für Mensch und Natur zu sichern. Innerstädtische Begrünung und das Freihalten von Frischluftschneisen in der Bebauung sind zudem wirksame Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel mit einer Zunahme sommerlicher Hitzetage.
3. Naturschutz im Wald
Da naturnahe Wälder ein wichtiger Lebensraum für viele gefährdete Tiere und Pflanzen sind, müssen kommunale Wälder mit einem Öko-Siegel wie FSC (Forest Stewardship Council) oder Naturland zertifiziert werden. Hierzu gehören der Erhalt von wertvollen Altholzinseln und die Ausweisung von zehn Prozent Naturwaldgebieten. Im Mittelpunkt der Neuanlage von Wald sollte das Pflanzen von vielfältigen Laubholzwäldern mit Edellaubhölzern stehen. Die Jagd ist nach ökologischen Kriterien auszurichten und mit einem naturschutzfachlichen Wildtier-Management zu verknüpfen.
4. Natur- und Umweltbildung
Die Natur- und Umweltbildung spielt in Städten und Gemeinden eine wichtige Rolle, um Menschen für den Schutz einer vielfältigen Natur zu gewinnen. Deshalb sollten regionale Umweltbildungszentren finanziell gefördert und unterstützt werden. Bei Revierbetreuungs-Verträgen mit dem Landesbetrieb Hessen-Forst muss zudem die Verpflichtung zur Durchführung von Veranstaltungen zur Waldpädagogik kontrolliert werden. Auch in den Programmen der Volkshochschulen sollten die Themen verstärkt aufgegriffen werden.
5. Nachhaltiger Lebensstil
Ein nachhaltiger Lebensstil, der keine Unmengen an wertvollen Ressourcen verbraucht, gehört zu den wichtigsten Anforderungen an eine zukunftsfähige Gesellschaft. Im Rahmen eines Aktionsplans "Nachhaltige Kommune" gilt es, den Einsatz von Regional-, Bio- und Transfair-
Produkten zu fördern, in allen Einrichtungen auf umweltfreundliche Produkte umzusteigen und den materiellen Verbrauch zu senken. Mit der Förderung des öffentlichen Nahverkehrs – z.B. durch die Einrichtung von Bürgerbussen –, des Ausbaus von Radwegen und dem Einrichten von E-Bike-Stationen sollte der dauerhafte Umstieg der Mitbürger auf umweltfreundliche Verkehrsmittel unterstützt werden.
6. Ausgleichsmaßnahmen
Bei zahlreichen Bauplanungen in Städten und Gemeinden ist zu beobachten, dass nach Naturschutz- und Baugesetz rechtlich vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen zum Wohle der Natur oft nur unzureichend umgesetzt und kaum kontrolliert werden. Kommunen haben die Durchführung und Pflege der Ausgleichsflächen künftig langfristig sicherzustellen.
7. Grüne Landwirtschaft
Um dem grassierenden Artenschwund auf landwirtschaftlichen Flächen entgegenzuwirken, können Städte und Gemeinden eine ganze Reihe an Maßnahmen ergreifen. So sollte darauf geachtet werden, dass Wegränder in kommunalem Eigentum in voller Breite erhalten bleiben und nicht unter den Pflug geraten. Auch der Umbruch von Graswegen zu Äckern muss unterbunden werden. Zudem sollten die Mahdtermine auf den gemeindeeigenen Grünflächen zum Schutz von Tieren und Pflanzen in Staffelmahd oder erst später im Jahr erfolgen. Jede Kommune hat darüber hinaus ein Konzept zur Biotopvernetzung zu erstellen und umzusetzen. Hierzu zählen auch Aktionen im Rahmen des Vertragsnaturschutzes wie das Anlegen von Lerchenfenstern und Ackerblühstreifen. Die Landwirtschaft auf kommunalen Flächen ist vertragsmäßig auf ökologischen Landbau und gentechnikfreies Saatgut umzustellen.
8. Energiewende
Die Energiewende sollte vor Ort in Bürgerhand liegen und naturnah ausgestaltet werden. So sind die Bürger bei der Energiewende z.B. in Form kommunaler Windräder und Genossenschaften für Solar-energie und Stromnetze zu beteiligen. Die Wertschöpfung muss in der Region bleiben. Energieanlagen dürfen zum Schutz von gefährdeten Tieren allerdings nur in den landesweit dafür vorgesehenen Vorranggebieten errichtet und betrieben werden. Der kommunale Klimaschutz sollte mit Energiesparprogrammen, Solarenergie auf öffentlichen Gebäuden sowie der Wärmedämmung von öffentlichen Gebäuden optimiert werden.
9. Gewässerschutz
Die Renaturierung von Fließgewässern spielt eine große Rolle bei der Sicherung der biologischen Vielfalt. Die Kommunen sind aufgefordert, die europäische Wasserrahmenrichtline konsequent und zeitnah umzusetzen. Mit der Einrichtung von Gewässer-Entwicklungsstreifen sollten Städte und Gemeinden den Bächen und Flüssen wieder verstärkt freien Lauf lassen. Unverbaute Auen helfen auch beim Schutz vor Hochwasser. Darüber hinaus müssen aber auch Teiche, Tümpel und feuchte Senken in der Landschaft als wertvolle Lebensräume für Amphibien, Wasservögel und Libellen erhalten bleiben.
10. Naturschutz als Partner
Ein wichtiges Wahlkriterium ist die Anerkennung und Wertschätzung des eh-renamtlichen Naturschutzes als wichtiger Gesprächspartner von Kommunalpolitik und Verwaltung. Dazu gehören die Offenheit für Verbesserungsvorschläge, eine transparentere Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltungsgremien und die konsequente Beachtung des Umweltinformationsgesetzes. Auch die örtlichen Naturschutzbeiräte sollten dauerhaft erhalten und gestärkt werden.
Politiker auf NABU-Forderungen ansprechen
Es empfiehlt sich, die verschiedenen Parteien und Politiker vor der Kommunalwahl auf die zehn NABU-Forderungen anzusprechen und ihre Ansichten dazu zu vergleichen. Auch ein Rückblick auf die tatsächlichen politischen Aktivitäten der letzten Jahre gibt wertvolle Hinweise. Nicht zuletzt lässt sich erfragen, ob alle Naturschutz- und Umweltaktivitäten in einem langfristigen lokalen Nachhaltigkeitskonzept zusammen gefasst sind und regelmäßig auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden.